Über Möglichkeiten & Grenzen von Idealismus

 

Gedanken darüber wie Positionierungen zum Islam leicht zu Konflikt & Spaltung führen können                

 

Dass Buddhistische Mönche nach Medienberichten in die Aufforderung zur Gewalt in Burma investiert sind, verwundert & stört viele - am meisten Buddhisten, und die, die Buddhismus aus der Nähe kennen. Denn eins ist eindeutig: Aus buddhistischer Sicht, kann es keine Rechtfertigung für Gewalt geben. Das weiss fast jeder. Allerdings gibt es auch weitergehende Herausforderungen zwischen diversen buddhistischen Positionen zu Gewalt, Medienberichten und angemessenen Reaktionen darauf. Im Folgenden ein paar Gedanken darüber, wie Situationen dieser Art inhärent dazu neigen zu internen Spaltungen zu führen, die häufig mehr Unheil anrichten für Buddhismus als sporadische Gewaltexzesse. - Es ist ein Versuch auf alle Vorbehalte einzugehen und unterschiedlichen Positionen gerecht zu werden. Trotzdem handelt es sich dabei primär um Meinungen, die situationsbedingt entstanden sind & nicht mehr als ein Diskussionsbeitrag seien können.

 

Abfallprodukte der Medienreports

 

Diese Medienreports über grausame Gewalt gegenüber muslimischen Rohingyas sowie daraus entstandene Wahrnehmungen drohen ein gutes Zusammenleben in europäischen Metropolen mit hohem Migrationsanteil zu gefährden, so dass hilflose Menschen gefährdet werden. Bereits im letzten Jahr wurden Thais in der Berliner U Bahn von Muslimen angegriffen, nachdem 500 chinesischen Uriguren kein Visum für Thailand erteilt wurde, weil man – von Thai-Seite nicht ganz unbegründet - befürchtete, dass sie mit dem islamischen Terrornetz im Zusammenhang stehen, dass im Süden Thailands eine Art ethnische Säuberung von Buddhisten vornimmt.

 

Kürzlich kam es verschiedentlich zu Übergriffigkeiten gegen Buddhistische Mönche in Paris & Rom, die fälschlicherweise für Burmesen gehalten wurden. Da das manchmal suggeriert wird, ist es wichtig, dass wir hier ausdrücklich festhalten, dass wir nicht für die Verschleierung oder Rechtfertigung von Straftaten oder auch nur Unhöflichkeiten von irgendjemand stehen – in diesem Fall durch muslimische Männer.  Sowohl für das Verständnis von der Situation solcher so übergriffigen Männer, als auch gegen einen rechtlichen und kulturellen Sonderstatus für Muslime ist schon anderswo Intelligentes gesagt worden. Der Punkt, dass sie selber Opfer sind, als auch der, dass das nicht relevant für die Opfer ihrer Straftaten ist, sind sicher richtig. Aus unserer Sicht ist jedoch das Wichtigste, dass dies nur ein sehr kleiner Teil von jungen Männern dieser Gruppen sind, die typischerweise in bestimmten Lebensphasen solche Fehlleistungen manifestieren. Für die Leute, die vor Ort in diesen teils charmanten, teils etwas beängstigenden Kiezsituationen leben & klarkommen müssen, sind Verallgemeinerungen & Hochrechnungen, wie sie immer von Außenstehenden über fremde Gruppen gemacht werden, eine Gefahr. Vor allem aber auch eine, die weder in der Wirklichkeit verwurzelt ist, noch eine, die hilfreich ist.

 

Für den reflektiven Meditierer ist es nicht schwer zu verstehen, wie man in Gewaltbereitschaft durch Prägungen geraten kann. Und auch nicht, dass selbst in diesen Fehlleistungen nur ein sehr kleiner Teil der Gesamtpersönlichkeit gespiegelt ist. Vor allem aber haben wir weder Mittel noch Mandat diese Sorte Krise marginalisierter Jugendlicher auf substantielle Art zu lösen. – Solche Situationen als Mandat zu nehmen im Koran nachzusehen, ob es Stellen gibt die dafür sprechen, das solche Gewalt legitimiert werden kann, ist erstens naiv & zweitens an der Realität solcher Dokumente vorbei. 

 

Das inhärent Freundschaftliche buddhistisch-muslimischen Zusammenlebens

 

Das ist ein riskanter Untertitel, in Anbetracht der Tatsache, dass es momentan Konflikte auf militärischem Niveau zwischen Buddhisten & Muslims in Burma, Thailand & Sri Lanka gibt, also allen Ländern des klassischen Theravada Buddhismus. Auch in Indonesien gab es schon mal welche. Historisch ist der Buddhismus aus den Gebieten Pakistans & Afghanistans, Indien, seiner Geburtsstätte, und dem heutigen Bangladesch weitgehend durch militärische Übernahmen von Muslims verdrängt worden. Um die Gefühle von buddhistischen Asiaten zu verstehen, ist es wichtig diese von links nach rechts fortschreitende Übernahme & Verdrängung wahrzunehmen. Wichtig ist allerdings auch, dass das eine Entwicklung über mehr als 1000 Jahre ist in denen die allermeisten Individuen der allermeisten Situationen vermutlich wenig Probleme mit Mitgliedern der anderen Religion hatte. Buddhismus ist nicht primär vom Islam aus Indien vertrieben worden, sondern durch langsam verfallende spirituelle Begeisterung für die reine Form des Originals. Selbst in schwierigen Phasen gibt es immer wieder gemischte Gruppen oder Freundschaften über Differenzen hinaus. Sogar nicht wenig. Allen Händlern ist eine Verfeindung z.b. inhärent ein Greul, deswegen ist man tendenziell eher extra freundlich gegenüber Gruppenmitgliedern von Gruppen mit denen es potentiell einen Konflikt geben könnte. Bei Leuten der eignen Gruppe, noch viel weniger bei benachbarten der gleichen Stammeskultur, ist man da sehr viel weniger gnädig. Im Resultat wird es also wahrscheinlich durch die relativ seltenen, aber immer mal wieder potentiell auftretenden Konflikte zwischen frustrierten Teilen der beiden Kulturen für die meisten Menschen mehr freundliche, als anderswo gegeben haben. Das liegt nicht am Genie oder der Gemeinsamkeit der beiden Glaubenskulturen, sondern an einer einfachen Dynamik sozialer Interaktion: Glaubt man eventuell als feindschaftlich wahrgenommen werden könnte, tendiert man extra freundlich zu sein, am besten, sollte es nicht auffallen, um klar zu machen, dass das nicht der Fall ist. Es ist also keine Überraschung, dass Muslime & Buddhisten normalerweise sehr gut mit einander klarkommen, sondern das normal zu Erwartende. 

 

Das inhärent Anstrengende von Gutmenschen

 

In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass Gutmenschen, wie wir, die finden, dass sich einfach alle liebhaben sollen und fertig, in solchen Situationen für die meisten Sachen nicht besonders hilfreich sind. Im Gegenteil, die unrealistischen Einschätzungen, die oft mit naiven Einseitigkeiten belastet kommen, aber vom hohen moralischen Ross die einzige Wahrheit predigen, schaffen viele unnötige Konflikte. Da der Gutmensch – mal etwas überzeichnet – sich sicher ist aus moralischen Gründen das Recht permanent auf seiner Seite zu haben, tritt er typischerweise zu stark in solchen Situationen auf. Wie bei anderen Bullies auch, weicht dann zunächst einmal Alles zurück. Gegen das Wahre & Gute, den Schutz der Entrechteten möchte sich niemand positionieren. Es gibt jedoch auch viele Opfer, die da übersehen werden und durch den moralischen Predigtton auch noch jeder Stimme beraubt sind. So kann es leicht sein, dass das Gutmenschentum zu einer Empörung & konservativen Radikalisierung führt, die eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre. Da der verengten Perspektive des Moralapostels dieser Zusammenhang meist nicht einleuchtet, steigt er gerne dann erst richtig, oft mit Endzeit-Stimmung massiv bewaffnet, in den Kampf gegen einen verteufelten Feind ein, den er aber eben erst selber mitgeschaffen hat. 

 

Den Leuten, die richtige Politik machen wollen, sind die Gutmenschen dadurch eine stetige Belastung, denn es muss auf eine künstlich geschaffene Moralgröße eingegangen werden, die einer praktischen Konfliktlösung ständig im Weg steht. Um auf diesen berechtigten Vorbehalt etwas zu reagieren ist es uns, als Initiative, wichtig zu sagen, dass wir keine politische Kampagne sind. Selbst gegen Wortführer anderer Positionen sind wir nicht positioniert. Das ist weder Angst, Desinteresse, Ignoranz, noch menschlich hervorragender Charakter. Es hat uns niemand darum gebeten die Lösung für die diversen Krisen der Welt darzulegen. Selbst wenn sich da jemand finden würde, hätten wir nicht Einfluss & Mittel dem gerecht zu werden. Auch wenn Schuster & Straßenbauer beide einem verbesserten Bewegungserlebnis auf Wegen zuliefern, sind die Kompetenzbereiche doch sehr unterschiedlich.

 

Inhärente Gedanken/Gefühls-strukturen von Gutmenschen

 

Gutmenschen neigen dazu schwer begeistert mit dem falschen Körperteil zu denken und darum sind sie notorisch schlecht in Analysen & Vorhersagen, weil sie Proportionen nicht richtig hinbekommen. Nicht zuletzt deswegen sind sie mit jugendlichem Alter assoziiert, was durch begrenzteres Erfahrungswissen, begrenztere Perspektive und schlechteres Einfühlungsvermögen gekennzeichnet ist. Es gibt aber auch eine Tendenz dahin, dass sich die gütigeren, einfühlsameren Werte der Gutmenschen historisch als richtig erweisen. Das ist besonders da der Fall, wo sie nicht primär aus dem wütentend-fordernden entstammen, oft in Bezug auf gesellschaftlich Benachteiligte. Die Entstigmatisierung der Homosexualität, die Stigmatisierung von Rassismus & Nationalismus als moralische Abründe von primitiven Menschen, die Abschaffung der Todesstrafe in den meisten zivilisierten Ländern der Welt, rücksichtsvoller Strafvollzug, Vermeidung von militärischen Auseinandersetzungen, Dekriminalisierung von Drogen und die Öffnung rigider Kastensysteme mögen als Beispiele gelten, in denen Gutmenschen ihrer Zeit voraus waren. Das alles sind heute fast unbestrittene Einschätzungen, einfach Intelligenz, die dem Establishment, dem paranoiden Mob, wie auch dem Realpolitiker seiner Zeit suspekt & unrealistisch vorkamen – absurd, beängstigend, realitätsfern, wie auch unnatürlich wären normale Wahrnehmungen von Nicht-Gutmenschen, deren Kinder sich dafür schämen. 

 

Das stimmt aber nicht immer: Falsch lagen z.b. Einschätzungen von Kommunismus/Sozialismus oder auch großen Teilen des kämpferischen Feminismus. In manchen Bereichen, wie der Ökologie, erscheinen die Ergebnisse gemischt: Die als unausweichlich gesehenen Umweltkatastrophen blieben aus, das Wertesystem aber wurde zum Kulturgut vom Status ‚gesunder Menschenverstand‘ und die allgemeine, ökologische Situation hat sich fast unvorstellbar verbessert, aus der Sicht von vor nur ein paar Jahrzehnten. Man kann im Rhein schwimmen! Das entspricht auch der Mischung in der Bewegung: Ein guter Teil war harte Arbeit in ‚freundlich-heilsamen‘ Initiativen alternative Energien oder Landwirtschaft voranzutreiben. Ein anderer Teil kam aus dem empört-fordernden Modus des ‚wütenden Opfers.‘ Erfolge sind also nicht so sehr gemischt, als dass sie nach Art der Einstellung & dem Energieeinsatz separat sind, aber unter einem Oberbegriff verrechnet werden. 

Der ‚Hobbyexperte mit empfundenem Mandat‘ kann jetzt, von seinem Gefühl bestimmt, miträtseln, welcher Art die Beziehungen sekulärer Kultur zum kämpferischen Flügel des Islam oder auch dem, als ähnlich wahrgenommenen, kriminellen Segment sein werden. Handelt es sich beim islamischen Kämpfer eher um ein benachteiligtes, diskriminiertes Element, wo die Einschätzungen der Gutmenschen wahrscheinlich historisch richtiger liegt, oder um eine fordernd-aggressives, wo die Einschätzungen historisch dazu neigen falsch zu liegen? 

 

Da wir uns nicht als ‚Hobbyexperten mit empfundenem Mandat‘ sehen, die mit Gefühl cum Ideologie denken müssen, und das dann verteidigen müssen, sondern sogar kaum als Amateure, deren Meinung völlig egal ist, könnte man vielleicht spekulieren, dass auch hier die Analogie zum linken Terrorismus im Deutschland der 70er bis 90er halten könnte: Bleiben die gewachsenen Strukturen der Leitkulturen ihren Wertesystemen, einschließlich der Meinungsfreiheit, treu, wird sich die idealistisch motivierte Gewalt in ihren eigenen sozialen Strukturen selbst verzehren – auch wenn es länger dauert & weiter gehen mag, als man denkt.

 

Wahrscheinlich hätte kein 70er oder 80er Experte für Innenpolitik, der von einem Sieg gegen RAF & RZ in Deutschland aus ideologischen, wie infrastrukturbedingten Gründen ausgegangen wäre, mit einem Problem bis in die späten 90er gerechnet. Die Zahlen der Mitglieder waren gering, ihre Isolierung von der Sympathisantenbasis schon ab Anfang der 80er eindeutig & permanent. Wohl an die 90% der Energie der RAF ging da rein ihren Gefangenen einen Opfer- & Märtyrerstatus im Geist von denen, die es interessierte zu schaffen, was nicht viele waren. Bemühung wie auch Resultat waren erbärmlich – es werden kaum ein paar hundert Kämpfer & ernsthafte Sympathisanten gewesen sein. Trotzdem hatte man noch 20 Jahre teuren, politisch unangenehmen, sinnlosen Ärger mit den militärisch jetzt erfahrenen Kämpfern. 

 

Kommt es dagegen zur Aufgabe der Wertesysteme, wie im Nationalsozialismus, dem real existierenden Sozialismus etc. wird sich die Situation rapide verschlechtern – mehr als vorhersehbar. Die Ressourcen die von einem Staat in Gewalt & Hass ungehindert investiert werden können, sind von einer völlig anderen Größenordnung, als Rebellen sie jemals erträumen könnten. 

 

Dies sind lediglich Gedanken, die aber ein buddhistisches Prinzip illustrieren: Dass sich die Qualität von Wahrnehmung & Absicht schon mittelfristig, aber besonders langfristig tendieren durchzusetzen – allerdings recht anders, meist spezifischer & begrenzter – als ein begeisterter Meditationslehrer vermuten lässt, wenn er sich gelegentliche Reports von Geistesblitzen seiner zahlenden Mittelklasse-Kundschaft zu Gemüte führt.

 

Nützliche Idioten

 

Neben dem Talent das Gute & Normale wahrzunehmen, wo paranoider Konsens das verbietet, sind Gutmenschen auch noch für etwas anderes gut, ja nicht leicht zu schlagen: die lokale, direkte Initiative: die Bürgerinitiative. Da ist der Realitätsanteil & das Praktische groß, die Theorie klein; man hat viele angenehme Sozialkontakte, ein Mission, für die es sich lohnt selbstlos unglaubliche Mengen Zeit, Energie, Geld zu investieren  auf eine Art, bei der man sofort Resultate sehen kann. Es ist eben lokal. Die meisten relevanten Leute einer Initiative kann man schnell persönlich kennen. Verbesserungen sind fast haptisch zu erleben und werden von der Bezugsgruppe zurecht mit Anerkennung belohnt. Wenn es auch andere gibt, die da Beachtliches leisten, zeichnen sich die Gutmenschen darin aus, das nicht für ihre eigene Gruppe oder auch nur einen eigenen Vorteil im engeren Sinne leisten zu können. Und auf sehr hohem Niveau. Eine Art, für die man nicht adäquat bezahlen könnte, würde man jemand dafür einstellen. 

 

Diese Wertschöpfungen sind auch nicht gelegentlicher, Umständen geschuldeter, optionaler Zusatz zu bestehenden staatlichen Systemen mit eigentlicher Relevanz. Weltweit wird ein sehr großer Anteil davon, das schlimmste Leid zu lindern auf solche freiwilligen Initiativen für Menschen außerhalb der eignen Gruppe entfallen und damit, neben verhindertem direkten Leid, auch die sehr viel teurere Kriminalisierung von Menschen ohne ausreichende Minimal-Ressourcen verhindern. Manche Bereiche, wie die Reparatur der langwierigen, vielschichtigen Probleme nach militärischen Auseinandersetzungen gehen dominant auf das Konto solcher Initiativen. Damit ist aber auch das, was es an gutem Willen gegenüber anderen Kulturen, die einem erst mal nicht gleich zugänglich sind oder wo es unangenehme Erfahrungen gab, stark in diesen Initiativen verwurzelt. Der einzelne Aktivist erlebt Schicksale und lebt von kleinen Fortschritten und erduldet manches an Frustration und Desillusionierung. Die ökonomischen & rechtlichen Auswirkungen der Masse solcher Initiativen ist jedoch wohl kaum zu quantifizieren und sicher nicht zu ersetzen. Wenn wir unsere Grundeinstellung zur anderen Kultur als normalerweise interessiert & offen erleben, geht dabei leicht verloren wie fremd diese Sorte Wahrnehmung rivalisierenden Stämmen in sprichwörtlichen Dschungeln oder benachbarten Dörfern sein können, wo jeder vom anderen Stamm entweder automatisch Feind ist, oder zumindest sehr suspekt.